MITGLIEDER

Text von:
Karin Kinast

TOTER WINKEL (SECHZEHNTER MÄRZ, DURCH TOTENBRILLE)

ich stehe am fenster, romantischer
waldblick, » klee’s mühl’che « am wiesbach
auf schwankenden beinen: IRRE RÄDER
rasen blindlings in tödlich geviert
(» eine sense seh ich blinken « )
– da, aufprall, knall, bersten
(sekunden später: » von unheil
kündet sirenengesang « )

REBELLISCHE NEUMONDNACHT, erbricht
zunge und blut im schwall, HIRNPLATZEN
zwischen SCHÄDELBASIS (abfallender
mauer) und KIEFERBRUCH (splitterasphalt)
KAUM KURVE, keine losung,
(» fersenschub löst sich «),
ROTES BLECH GESCHNITTEN in
(» lindenholz trauert «)

fernab ein aufschrei, übertönt von
blaulicht und martinshorn, blinkende
einsatzfahrzeuge aus allen richtungen
sperren die durchfahrt vom berg und
vom tale von überall her fahrzeuge
werden langsamer wenden gebeugte
retter erheben sich, rettungswagen rollen
von diesem unfallort zu einem anderen,
passanten starren auf das rotlackierte
wrack am baumstamm - NOCH NAGT
NEUGIER (abschleppwagen, dann
das schwarze auto), ungeschminkte
augen, graues tuch bedeckt die
umgeknickten körper, flutlicht leuchtet
AUS die show des todes:
lichter löschen, straßen räumen, AUS
kein sterbenswort mehr hallt auf
blankgefahr’nen metern, gespenstischer
stillstand, die reifenspur endet
im toten winkel der mobilen
gesellschaft, die SENSE AN DEN
FERSEN, (» achilleis der asphaltzeit «)

Quelle: Herbstzeitlos, Iatros verlag