MITGLIEDER

Text von:
Sophie Reyer

baby blue eyes - Romanauszug

(sagen wir: atemmoment / und du gehst über schwerelosigkeiten wie zufällig/ wühlen füße dir sand auf/ feingestäubtes das sich in der schweren luft verteilt und du perlst atem aus deinem mund der dir in den blick steigt/ luftanhalten sagen wir: so könnte er sich anfühlen der

erstickungstod wahnsinn und die hand vor den augen ist dir ein fremdkörper/ bleiches gespreizt und drückt sich die harte luft gegen deinen schädel die schläfen du kannst schon seit wochen nicht schlafen die schattierungen des himmels/ wattemeer gleich zerreißts dir-)

Wenn du ins Wasser tauchst werden die Geräusche dumpf. Wie in Watte gebettet. Deine Bewegungen in Zeitlupentempo. Dehnst dich ins Weite. Du schiebst die farblose Dichte weg von deinem Körper. Blasen steigen auf vor deinen geöffneten Augen. Gibst ein Gurren von dir, aus der Mitte der Kehle. Strampelst mit den Füßen das Wasser von dir weg. In weißlichen Wirbeln.

Und das Auftauchen, Luft einsaugen. Der Fels auf der linken Seite. Steckt im Himmel, denkst du.  Wieder eintauchen. Bewegst die durchsichtige Masse weg von deinem Körper. Zwischen dem Sand, den Kieselsteinen, ein Seestern. Die rot genuppelten Arme in alle Richtungen aufgespreizt. Du bewegst dich langsam hin zu dem Felsen, eine grobe Ausbuchtung, auf der Disteln wuchern, sternförmig. Immer wieder Luftholen, bevor dir die Lungen platzen, rasches Auftauchen, über der Wasseroberfläche wird der Körper behäbig und schwer, du schnappst, lässt ihn wieder einsinken. Das Hämmern in Herzgegend. Kannst du die linke Hand noch bewegen? Strauchelst. Pustest den Sauerstoff in viele kleine Perlen. Aus dem Felsen wächst Moos. Luftbläschen hängen in den Algen. Manchmal zittert ein bunt gesprenkelter Fisch zwischen Bimsstein und Seegras. Du folgst ihm mit leichten Bewegungen bis zum Grund. Verwischst den Sand mit den hellen Zehen. Er steigt auf. Senkt sich wieder. Du drückst dich an die Oberfläche, lässt dich treiben. Die Trennlinie zwischen Meer und Himmel ein Berührpunkt in der Ferne. Spiegelungsangelegenheit denkst du. Keuchst. Die Sonnenstrahlen vom Wasser reflektiert. Stechen. Du reibst dir die Nase. In der linken Hand das Ziehen. Du schwimmst weiter und bis hin zum Berührpunkt, der Wölbung in der Ferne.

So muss sich sterben anfühlen. Das Herz hämmert dir bis ins Hirn, du möchtest es ausspucken und ins Wasser kotzen.

 

Später gehst du zurück in die Hotelanlage. Kauerst dich unter einen Sonnenschirm. Blick zum Pool- Du schlägst ein Notizbüchlein auf. Schreibst.

 

Quelle: baby blue eyes” (Ritter 2008)