MITGLIEDER

Text von:
Wolfgang Fritz

Karl Friedrich Kübeck, ein Neuerer und Reaktionär (Anfang)

Der nachmalige Freiherr Kübeck von Kübau wurde am 28. Oktober 1780 als Sohn eines armen Schneidermeisters in Iglau in Mähren geboren. Als er fünf Jahre alt war, so schreibt er zehn Jahre später in sein Tagebuch, habe ihn eine vorübergehende Baronin beim Spielen im Garten beobachtet und sei so entzückt von ihm gewesen, dass sie seine Eltern bat, ihn öfters zu sich einladen zu dürfen. Seitdem habe er fast täglich in dieser Familie gespeist sich alle die gesellschaftlichen Formen angeeignet, welche eine gute Erziehung erfordert. Auch im Gymnasium, das er in Znaim besuchte, genoss er die besondere Förderung eines seiner Lehrer, und es fand sich auch eine Gräfin, die ihn zu einer Audienz beim Kaiser Franz mitnahm, der ihm ein Stipendium für das Studium in Wien gewährte.
Es war ein erbärmliches Leben, zu fünft in einem schmutzigen, unbeheizbaren Raum, welches die kaiserliche Großzügigkeit ihm ermöglichte. Kein Geringerer als Ludwig van Beethoven, befreite ihn aus dieser Lage, indem er ihm ertragreiche Klavierstunden verschaffte.
Von der Juristerei, dem Studienfach, für das er sich entschieden hatte, hielt Kübeck wenig, weil er voraussah, dass es zur gesellschaftlichen Abhängigkeit führte. Viel lieber wäre er Arzt geworden, er absolvierte sogar einen Anatomiekurs, aber seine Mutter stellte ihn sich so schön als Kreiskommissär vor, und da hieß es gehorchen. Er blieb aber seiner Lebtag ein klassenbewusster Bürgerlicher, der seine Abneigung gegen die herrschende Adelskaste immer wieder seinem Tagebuch anvertraute.
Am 15. Oktober 1800 trat Kübeck beim Kreisamt in Olmütz in den Staatsdienst ein und er wusste sich durch Diensteifer, Sachkenntnis und angenehme Umgangsformen binnen einem Jahrzehnt zum Regierungsrat in der Vereinigten Hofkanzlei emporzuarbeiten, wo er an der Verwaltungsreform in Lombardo-Venetien und Tirol mitwirkte.
1813 wurde Johann Philipp Graf Stadion, der vormalige Außenminister, mit der Sanierung der durch die napoleonischen Kriege gänzlich desolat gewordenen, gerade durch einen Staatsbankrott gegangenen österreichischen Finanzen betraut. Der volkswirtschaftlich unerfahrene Politiker baute sich einen Stab versierter Mitarbeiter auf, zu denen neben Kübeck auch Franz Xaver Pillersdorf (1786-1862) und Joseph Hauer (1778-1863) gehörten, alles junge Beamte. welche die Schriften von Adam Smith und Jean Baptiste Say, damals den modernsten Köpfen der neueren Ökonomie, gelesen hatten und weit über die Kameralistik des offiziellen Joseph Sonnenfels hinaus dachten.