MITGLIEDER

Text von:
Harald Darer

Textprobe

Letzte Woche ist er noch da gewesen bei mir und hat für das Fest einen Aufschnitt bestellt. Eine Platte für dreißig Personen, hat er gesagt, hat die Verkäuferin gesagt, und tun Sie mir nicht sparen mit dem Leberkäs, wir sind alle gute Esser, hat er gesagt und gelacht, als ob nichts gewesen wäre, dabei hat er zu diesem Zeitpunkt schon längst gewusst, dass was gewesen ist, er muss es ja schon längst gewusst haben, nicht wahr? Gibt´s ja gar nicht anders. Mich schaudert´s wenn ich nur daran denke, dass er es schon gewusst hat, wie ich ihm den Aufschnitt zusammengestellt habe: Pikante Extra, Polnische Spezial, Bogunderschinken und natürlich unseren Leberkäs. Hauchdünn geschnitten hat er gesagt, hat sie gesagt und dabei an ihrem Muttermal, das ihr an der Schläfe herausgewachsen war, herumgezwirbelt. Je nervöser sie war, desto mehr hat sie gezwirbelt. Je aufgebrachter sie wurde, desto grober behandelte sie ihr Muttermal. Das gibt es nicht, jetzt reißt es gleich ab, es muss ja gleich abreißen, so wie sie daran herumzwirbelt, habe ich mir gedacht, und am Strohröhrl angezogen, obwohl ich das süße Jugendgetränk schon längst ausgetrunken gehabt und durchs anziehen am Strohröhrl nur ein unappetitliches Geräusch gemacht habe, weshalb mir mein Vater einen strengen Blick zugeworfen hat, den ich in der Aufregung aber ignoriert und nur darauf gewartet habe, dass das Muttermal durch die Zwirbelei abreißt und auf der für das Leberkäseinwickeln hergerichteten gestrigen Zeitung landet.