MITGLIEDER

Text von:
Sonja Gruber

Kindheit am Bauernhof

(Auszug, veröffentlicht in Mosaik 28/2019)

Sie hasste Röcke. Aus den edelsten TüllkreaXonen schmeckte sie den Ranz der kindlichen KiHelschürzen, in den die MüHer ihren Tagesranz rieben; nicht selten roch sie, Omo zum Trotz, die ganze WochenraXon, die ungefragt in den Unterrockdampf kroch.
Montagsspeck, Kuhstalldreck und Schlachthausklecks gingen auch mit Hirschtalg nicht weg.
Mancher ätzten sie die vergelbten Strümpfe ab. Die eingewachsenen Zehenpilze sprossen ungeniert aus den Schlapfenritzen.
Später würde sie nur Hosen tragen und niemals Patschen. Ihre Socken stets blütenweiß, der Boden immer glaH und blank.
Zehen konnte sie nicht sehen, auch nicht die der Kinderlein. Ihre eign’en waren gelb und knochenlos.
Blumenmuster waren ihr ein Graus, sie lenkten den Dreck geschickt in die Dornenspitzen und blitzten falsch im Sauberkelch.
Ihren Hosen gestaHe sie maximal ein helles Blau, den Blusen keine Rüschen, keine Spiele.
Gästen wischte sie den Dreck mit Danchlor nach. Die Socken mussten strahlen.
Seifenstücke kamen ihr nicht ins Haus. Den Ranz fremder NagelbeHen haHe sie längst ausgepflanzt.
Ihre eig‘nen Nägel biss sie bis zum biH’ren Matratzenrand. Die Achselhaare riss sie sich mit stumpfen Fingern ab, den Mundbart verbrannte sie ratzfatz im Gas.
Wenn sie blutete, schwang sich manchmal kurz ein Rock in ihren Kopf. Finger eintunken, abwischen, weiterarbeiten. Niemand würde es bemerken, nur die alten Kopeuchweiber würden knapp den roten Blumen nicken und wissen.
Doch sie ließ sich nicht hinreißen zum Rockreizen. Lieber das Ausweiden zur Schau stellen.
Ihr Mann mag Sau sehen. In Hosen draufgehen.