MITGLIEDER

Text von:
Olga Flor

Ausschnitt aus "Erlkönig"

Sie blickte aus dem Fenster, sah das Land hinter Glas, und hier bei ihr drinnen sicher roch es nach anderen Menschen. Wenn man nun hindurch brechen würde, dachte sie, mit den Armen voraus, um den bloßen Kopf zu schützen, die getrockneten Gesichtszüge, würde das die Aussicht ändern? Wenn das Glas nun aber nachgeben würde, sie eintreten ließe in das Land dahinter, das bläulich zu werden begann und stumpf unter der zunehmenden Dämmerung; wenn das Glas sich teilen würde vor der Hand wie das Meer, ein Meer zu Füßen, das andererseits zusammenschlagen könnte und sie fortschwemmen oder auch tragen, ein riesiger Salzsee möglicherweise, der den Körper aufschwimmen ließe mit dem Gesicht nach oben, die Gesichtsränder flüchtig gezogen von der Oberfläche, friedlich vielleicht mit friedlich geschlossenen Augen, die Gliedmaßen schwebend ausgestreckt schienen gebrochen in seltsamen Winkeln vom einfallenden Licht. Das Licht ging an im Zug; was würde das ändern, fragte Elisabeth, dann verblasste die Außenwelt unter der Reflexion des Gesichts. Braue an Braue fand sie sich an das eigene Spiegelbild gelehnt, die Grenzfläche wurde hart, und Elisabeth wich zurück. Da erschien sein Bild auf der Scheibe, sein Schatten, und sie erkannte ihn, noch bevor sie den Kopf umwandte. Titus, sagte sie.