VERSTORBENE MITGLIEDER
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Biographie
geboren: 09.01.1958 verstorben: 06.12.2016Herwig Kaiser, ein beispielhafter Europäer
MARTIN SCHULZ, derstandard.at, 7. Dezember 2016, 18:32
Der Grazer Autor, Dramaturg und EU-Parlamentsmitarbeiter ist 58-jährig gestorben
Am 6. Dezember hat die Nachricht vom Tod von Herwig Kaiser, dem Generaldirektor für Personal im Europäischen Parlament, uns alle, die wir das Privileg hatten, diesen außergewöhnlichen Mann zu treffen und mit ihm zu arbeiten, zutiefst getroffen und geschockt. Das Europäische Parlament, die EU und Österreich haben einen herausragenden europäischen Beamten, und viele von uns einen einzigartigen Freund verloren. Herwig wird fehlen.
Während seiner gesamten Zeit in der S&D-Fraktion und in der Verwaltung des Europäischen Parlaments hat Herwig Kaiser unermüdlich für die europäische Integration gearbeitet. Er diente dem Parlament mit einem Einsatz, einer Professionalität und einer Leidenschaft, die beispiellos waren. Einmütig wurden seine Qualitäten gelobt: seine Aufmerksamkeit, seine Freundlichkeit, seine Menschlichkeit
und seine Fähigkeit, den Sorgen, Ängsten und Bedenken der Menschen zuzuhören, Qualitäten, die so wichtig sind bei jemanden, der sich mit dem sensiblen Thema der Humanressourcen beschäftigt.
Herwig Kaiser war wie ein frischer Wind für unsere Verwaltung: Er kam aus der Kunst- und Theaterszene und brachte so dem Parlament sehr viel mehr als nur berufliches Ethos, er brachte Fantasie, Kreativität und Sensibilität. In vielerlei Hinsicht war Herwig ein Mann der Renaissance. Mit seiner Wissbegier, seinen überwältigenden Kenntnissen und Erfahrungen, konnte er problemlos über Barockmusik und mitteleuropäische Literatur sprechen, und er konnte in kürzester Zeit von einem Gespräch über europäisches Recht zu Psychologie übergehen. Sein Interesse und seine Interessen waren immer echt und wahrhaft, sie dienten nie dazu, zur Schau gestellt zu werden. Herwig war ein Mann von außerordentlichen Qualitäten, aber gleichzeitig von außerordentlicher Bescheidenheit.
Sein Lebensweg ist ein Beleg für seine Wissbegier. In seinem erfüllten Leben arbeitete er als Rechtsanwalt, als Dramatiker und als Theaterdirektor. Als passionierter Bücherwurm fand ich den Austausch mit Herwig immer interessant, gewinnend und anregend. Die Zeit, die ich in der Gesellschaft von Herwig verbringen durfte, werde ich immer in Erinnerung behalten. Ich werde seinen Großmut und seine Selbstlosigkeit nie vergessen: Bei der Arbeit und in seinem Privatleben stellte er seine eigenen Bedürfnisse immer hintan. Bei allem, was er tat,kam es ihm darauf an, Fairnesswalten zu lassen. Für die Menschen in seiner Umgebung war er Beispiel, Vorbild und Inspiration.
Sein Lebensweg war vielleicht vielfältig, einen roten Faden gab es aber doch in seinem Leben: sein Engagement fürEuropa. Sowohl aus einer kulturellen, rechtlichen, politischen oder administrativen Perspektive trug er zum Aufbau der Europäischen Union bei. Dabei war er nicht auf persönlichen Gewinn oder Publizität aus. Er tat dies, weil er nicht wollte, dass sich die Vergangenheit wiederholt. Er tat dies, weil er an unsere gemeinsame Menschlichkeit glaubte und weil er glaubte, dass, wenn Musik, Ideen und Literatur Grenzen überschreiten können, dies Musikern, Schriftstellern,
Studenten und Arbeitnehmern auch möglich sein sollte. Er verkörperte die beste Tradition einer pro-europäischen Haltung in Österreich. Er war ein brillanter Mitteleuropäer mit klarem Verstand, der an Europa glaubte und für Europa kämpfte.
All dies tat er ruhig aber äußerst effektiv. In der S&D-Fraktion und in der Verwaltung des Europäischen Parlaments setzte er sich für den Aufbau einer kompetenten, leistungsorientierten und effizienten Verwaltung ein. Wenn das Europäische Parlament heute eine stärkere Stellung hat und einen besseren Ruf genießt, ist das auch dem unermüdlichen Beitrag von Herwig zu verdanken.
An diesen schwierigen Tagen sind meine Gedanken und mein Mitgefühl bei denen, die mit der großen Leere zu leben lernen müssen, die sein Tod hinterlässt: seiner Frau Myriam, seinem Sohn Armin, seiner Familie und seinen vielen Freunden.
(Martin Schulz, 7.12.2016)
Martin Schulz ist Präsident des Europäischen Parlaments
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