MITGLIEDER

Text von:
Eva Jancak

Uff, war das Fest anstrengend

Uff, war das Fest anstrengend gewesen und ich daher ein wenig niedergeschlagen, jedenfalls aber nicht in guter Stimmung, als ich an diesem Morgen, kurz nach neun erwachte.
Müde und so gar nicht ausgeschlafen stapfte ich in Hauspantoffeln und im Pyjama durch Schlaf- und Vorzimmer in die Küche meiner kleinen Wohnung Fichtegasse Nummer sechs, wo ich natürlich auch sogleich über die Spuren meines gestern abend stattgefundenen Festes stolperte. Das Fest, das ich mir zu meinem vierzigsten Geburtstag schenken wollte und das, wenn schon nicht zu einer Katastrophe, so doch zu einem Fiasko geworden war, an das ich mich später höchstwahrscheinlich gar nicht gern erinnern würde.
Ich, die vierzig Jahre alt gewordene Dora Faust, die besessen schreibende, aber leider bis dato erfolgfrei gebliebene Schriftstellerin, die es daher auch gar nicht zu einer solchen gebracht hatte und doch den vierzigsten Geburtstag zu einer Präsentation ihrer bisherigen Tätigkeit nutzen hatte wollen.
Und ich fand auch alles genauso vor, wie ich es gestern kurz vor Mitternacht zurückgelassen hatte. Unaufgeräumt und übergeblieben, die Spuren des Buffets auf dem Küchentisch, von dem reichlich noch vorhanden war. Waren gestern doch viel weniger Gäste als erwartet zu meinem Fest erschienen.
Benützte Gläser standen herum und Körbchen mit Pistazien und dem Salzgebäck, denn als gestern die letzten Gäste gegangen waren, hatte ich keine Lust mehr gehabt, noch groß aufzuräumen und das auf den heutige Morgen, meinen eigentlichen Geburtstag verschoben, was ich nun in Angriff nehmen wollte.
Vorher aber noch Kaffe getrunken und im Eiskasten nachgeschaut, da sich dort ja noch die Platte mit den Käse- und Schinkenbroten befinden mußte, die niemand essen hatte wollen und dabei hatte ich mir für das Vorbereiten große Mühe gegeben und war dafür sogar auf den Naschmarkt gegangen, um dort besonders feinen Schinken und zwei französiche Käsesorten einzukaufen, die sollten mir jetzt zum Frühstück schmecken.
Auf dem Tisch lag das Kuvert, das mir Lotte mit dem gewissen Lächeln in die Hand gedrückt, nachdem sie mich zur Begrüßung euphorisch geküßt und umarmt hatte.
"Grüß dich, liebe Dora! Wie schön, dich wieder zu sehen! Und vielen Dank für die Einladung! Ich wünsche dir das Beste zum Geburtstag! Du siehst wirklich wundervoll aus!", hatte sie mit derselben agitierten Begeisterung, die Lotte nun mal zu eigen war hervorgestoßen und mir das bewußte Kuvert übergeben, ihre Geburtstagsgabe, die mir, wie Lotte munter weitergeplaudert hatte, hoffentlich auch große Freude machen würde. "Denn ich weiß ja, du bist literarisch interessiert und darin Expertin!", hatte sie mit neuerlicher Begeisterung hervorgestoßen und mich mit dem Kuvert alleingelassen, um die sieben anderen Geburtstagsgäste zu begrüßen, die noch erschienen waren und diese auch jeweils mit einem spitzen Freudensschrei eng an sich zu drücken.
In dem Kuvert, das ich anschließend voller Neugier geöffnet hatte, war die Quittung einer Volkshochschule.