MITGLIEDER

Text von:
Hanno Millesi

Primavera

Es ist das Dilemma und gleichzeitig eines der Charakteristika des Wegs in die Ekstase, daß keiner der ausschlaggebenden Schritte überlegt ausgeführt wird. Ein überlegter Schritt, der sich das Terrain besieht, auf dem er ausgeführt werden soll, der in eine bestimmte Richtung eingeschlagen wird, der aus Nachdenken resultiert, ein Schritt, der zurückverfolgt werden kann, ist für diesen Weg nicht geeignet. Im nachhinein läßt sich daher keine Route rekonstruieren, sondern Geschwindigkeit und Fortkommen wird dem Grad der Abwesenheit entnommen. Die Fortbewegung funktioniert nach Richtlinien, die dem üblichen Kommunikationsverkehr entgegengesetzt verlaufen. Man besinnt sich der Bipolarität der Unendlichkeit, versucht zum Ursprung zu kommen und nicht an einen Punkt, dessen Entfernung zum Ausgangsort rekordverdächtig ist. Bis zur Ekstase ist es ein allmähliches Absacken, eine Detailverliebtheit, die winzige Aspekte riesengroß aufbläst, den Blick so nah an der Oberfläche, daß nur wenige Quadratzentimeter einsehbar sind. Die Empfindungsbereitschaft befindet sich im roten Bereich, was gleichbedeutend mit dem Umstand ist, daß aus dem schwarzen keinerlei Beeinflussung mehr herrührt.

Quelle: Primavera, Ritterverlag 2001