MITGLIEDER

Text von:
Birgit Pölzl

Ein Zugleich

Ein Zugleich, das an ihr war, reichte sie weiter als ein Zugleich, das in der Bewegung in eine Zweiheit zerfiel. Das Zugleich ist freilich eine Vermutung: Es hätte an ihr gewesen sein können.
Warum vermutete die Vermutung diese Vermutung? Weil das Zugleich in der Zweiheit als Ahnung verblieb? Weil das Zugleich, wenn es zerfiel, einen weißen Geschmack auf die Zungen legte und einen Stachel unter die Ferse? Oder weil das Zugleich in äußersten Fällen gar nicht zerfallen und ein Zugleich geblieben war?
Die, an der die Vermutung ein Zugleich vermutete, hieß Christine. Sie schlug mit Sätzen. Räder oder Wunden? Oder schlugen ihre Sätze? Aus oder Wurzeln? Bis kleine Löcher in Satzflächen entstanden, Satzflächen, die bislang glatt waren, spiegeln nicht mehr nur Übereinkunft: wir haben die gleichen Entwürfe, sind nicht mehr glatt, die Sätze schlagen aus, nicht alle ihre Sätze, sondern manche. Argwohn gegen die Hinterläufe ihrer Sätze, Mißtrauen gegen die Triebe, die hellgrün aus den Sätzen schlagen.
Von weit weg dachte man: Die hat den Kopf auf und ist ein Gelächter. Von nah war sie ein Ärgernis und ein Duft. Eine, die Licht frißt und Licht atmet. Sie frißt Licht, wenn die anderen sich hell halten wie Fabrikshallen und Operationssäle und atmet Licht, wenn die Finsternis schmeckt wie das Rollen des Betts in die Abstellkammer.


Quelle: V. Versuch über ein Zugleich