MITGLIEDER

Text von:
Manfred Maurer

ONE MORE CUP OF COFFEE BEFORE I GO

Um 7 Uhr 30 SEZ vom buntgefiederten Piräus aus nach Herakleon (Kreta). Am dunstigen Horizont die Silhouetten der silbrigen Inseln, haarscharf wie der Fernsehempfang auf einem Fährschiff in der Ägäis. Du hörst zum letzten Mal »one more cup of coffee before I go« von Bob Dylan in der Wohngemeinschaft, in der du die letzten Wochen gelebt und geliebt hast, dann steckst du den Revolver ein und ziehst in den Krieg. Sonnenbrand und ein Strohhut am Kopf. Die Fut so naß heute wie die Fut vor einem Jahr im roten Sand am Campingplatz, die schweißigen Titten kleiner. In den stahlblauen Achtzigern schwebt die Neutronenbombe über meinem Schwanz. Verlaine ballert auf Rimbaud und verbringt die nächsten beiden Jahre sitzend. Auf der schwarzen Schreibtischplatte bewegt sich ein Strom Schwechater Lager in Richtung Schwarzes Meer. Der Nachmittag beginnt zu vibrieren, doch die Häuser stürzen noch nicht ein, der Blitz fällt noch nicht aus den Wolken, der Pilz schießt noch nicht aus dem Boden, die Menschen stehen noch nicht auf der Speisekarte in der Rubrik »vom Grill«. Im Tankstellenbuffet läuft auf einem einarmigen Banditen ein rotes Licht im Kreis und durch den Kopf donnert um 9 Uhr 30 ein Sattelschlepper mit grünen Panzern hinten drauf. Doch gegen die Dummheit ist der Hanf gewachsen und unzählige speedige Ficks im Morgengrauen. Heiße Wurst belebt die Sinne. Einem Mann, sagt die dralle Blonde, gehört zur Begrüßung erst mal eine auf den Kopf gehaut. Fährst du Samstag abend lachend auf der Rolltreppe zur U-Bahn hinunter, wirst du auf dem Monitor beobachtet und über Lautsprecher angebrüllt. Unten warten zwei Bullen mit einem Intelligenzquotienten von 20 Points (Zahnstocher haben 35) und treten dich in die Hoden und ins Gesicht, dann geht’s mit Blaulicht und Sirene ab ins Polizeigefängnis oder auf die Psychiatrie. Dem nächsten, sage ich, ramme ich einen Schraubenzieher zwischen die Augen, doch du küsst mich auf den Mund und ich greif dir auf den Arsch. In meinen Träumen werden seit kurzem jugendliche Hausbesetzer öffentlich gehenkt, während Polizisten in grauen Uniformen Bier vom Faß trinken und sich gegenseitig einen runterholen. Was, frage ich, soll es Gutes haben, aus der Arbeiterklasse zu stammen?

Quelle: die touristenfarm. Eine irische Geschichte und andere Erzählungen. Erhard Löcker Wien 2000, Seite 34. Copyright: Claire Brenner