MITGLIEDER

Text von:
Sabine Dengscherz

Vampirella schreibt

Vampirella schreibt durchaus zum Vergnügen so manchen Text heißt Gewebe, Geflecht und darauf kommt es an, kommt die Botschaft an beim Leser, wenn wir die richtigen Worte finden, die sich in Text und Kontext einfügen, als wären sie immer schon dagewesen und doch frisch und unverbraucht aus den Zeilen lachen, dass es eine Freude ist das Texten nicht immer für alle schreiben wir ja schließlich auch nicht immer wollen die Worte fließen, manchmal stockt es eben … zäh … und starr … und … und … nichts mehr

Wir sind erleichtert, wenn es dann wieder weitergeht im Flechten und Weben und die Gedanken sich fast von selbst mit der Sprache paaren und die Finger wieder flink über die Tasten huschen, weiter und immer weiter haben wir den Schreibfluss nun wieder in der Hand und Fuß sollte haben, was wir von uns geben wir dem ganzen beim Schreiben schon den richtigen Pfiff haben leider viel zu wenige Texte müssen unter immer ungünstigeren Produktionsbedingungen erstellt werden doch die Kollegen und Kolleginnen von der schreibenden Zunft nur äußert mäßig entlohnt wird außerordentliche Anstrengung nur selten nimmt sich daher einer die Zeit, seine Elaborate oft genug kritisch durchzulesen, zu prüfen und zu überarbeiten tut einem Text (fast) immer gut genug ist die erste Rohversion so gut wie nie

Vampirella zerlegt die Sprache hält uns gefangen sind wir in der Welt der Worte können alles und nichts, erst gemeinsam sind sie stark wirkt ein Text oft erst, wenn er Regeln verletzt, die Regeln kennen um sie verletzen zu können, das ist auch so ein Ansatz, den sie sich als gelernte Germanistin zunächst nicht so recht zu verfolgen traute sie ihrem Gefühl nicht mehr ganz über den Weg liefen ihr damals so viele gute Autoren und Autorinnen, Dichter und Dichterinnen, tote und lebendige, die ihre Sprachkunstwerke so virtuos in die Welt gesetzt hatten und setzten sich drum damals die Zweifel durch und das eigene Schreiben reichte gerade noch für eine brave Seminararbeit oder eine Rezension sollte in die Seele des Werkes vordringen und das erkennen, was zwischen den Zeilen steht oder stehen könnte, was sich in den Tiefen der Texte verbirgt ist so viel mehr als sich mit einfachen Worten sagen lässt sich aber doch so einiges, darum sind wir ja hier

[…]

Vampirella zu Hause am Computer drückt die Tasten Apfel und P und lehnt sich zurück lässt die Seele ein wenig baumeln zum Fenster hinaus und dann wieder herein an den Computer und hinaus ins Netz über virtuelle Meere surfen, in der halben Welt treiben wir uns herum, ganz ohne uns zu bewegen, drum werden wir auch immer dicker braut sich die Sommerhitze über dem Währingerpark zusammen werden wir bald das Semester beschließen mit der Produktion und Rezeption einer beachtlichen Menge an Prüfungstexten, die zeigen sollen, wie reif das Schreiben im letzten Semester geworden ist es schon professionell genug um in die große weite Welt entlassen zu werden, virtuell oder auf Papier wirken Worte wieder ganz anders als am Bildschirm lesen ist auf die Dauer anstrengend für die Augen erholsam ist Beschattung beim Lesen, auch von oben, also ein Käppi am Strand oder im Garten geht das ja noch, das sieht es wenigstens keiner eigentlich oder kaum einer kann einen Text auf Anhieb so schreiben, dass es daran nichts mehr zu verbessern gibt, drum predigen wir Semester für Semester prozessorientiertes Schreiben mit Überarbeitungsphasen sollten auch nicht zu knapp auf einander folgen, sonst sind wir noch betriebsblind vom Schreiben, erst brauchen wir Distanz vom eigenen Text, von außen wollen wir ihn betrachten, mit fremden Augen wollen wir ihn sehen oder zumindest so tun als ob wir so tun könnten als wären wir jemand anderer oder sind wir das ohnehin jeden Tag in der Früh – ich kenne dich zwar nicht, aber ich putze dir trotzdem die Zähne – eine andere bin ich vielleicht schon in fünf Minuten, das ganze Leben Work in Progress, und solange wir leben nichts als Fragment

Also Apfel P noch einmal und dann drüber schlafen