MITGLIEDER

Text von:
Simon Konttas

Neulich im Strandcafé

Wie immer: ihr hübsches Lächeln.
Wir saßen im Strandcafé.  
Ihre Arme entblößt unter der heißen Sonne.
Sie erklärt mir ihre Tätowierungen,
die ich noch nie gesehen habe.
Die Boote tuckern auf dem
sonnenhellen Wasser.

Sie erzählt mir aus ihrem Privatleben.
Buntes Privatleben,
aber die Menschen haben nur Zeit für sie,
wenn’s ihr schlecht geht.
Ihr neuer Freund ist eifersüchtig
auf mich; soll er nur,
jetzt sitzen sie und ich im Strandcafé
bei Wind und blendendem Licht.

Ich will ihr klarmachen,
dass ich die letzten zehn Jahre
nicht wirklich gelebt habe.
Aber kaum ausgesprochen,
wirkt’s unwahr und irgendwie falsch.
Kommt drauf an, was
man unter Leben versteht.  
Ist das denn kein Leben,
mit ihr hier im Strandcafé zu sitzen?
Meine Geschichten erscheinen
mir plötzlich belanglos. Wozu klagen?
Dann es eben besser machen.
Ich bin des Räsonierens müde.  
Das merke ich in diesem Moment.  
Ich werde halbherzig und langweilig,
ertappe mich dabei, wie ich denke,
dass mir ihre Sex- und Liebeskrisen
ebenso öde vorkommen …
Ist das die Sonne, das Meer, der Wind?  
Was reden wir hier eigentlich?
Ich lade sie zu mir nachhause ein.
Das ist der Fehler all der Jahre
gewesen:  dieses Reden und Denken.
Sonne, Wind und Meer
belehren mich eines Besseren. Wie dumm
von mir und plötzlich
erscheint mir alles zwecklos.
Weil der Fehler in mir selber liegt.
Vielleicht werde ich ihn eines Tages
finden; inzwischen erklärt sie mir
ihre Tätowierungen
auf den entblößten Armen
unter der heißen Sonne im Strandcafé.