MITGLIEDER

Text von:
Julia D. Krammer

Auszug aus dem Romanmanuskript „Den Körper schreiben die Gedichte“ (Arbeitstitel)

Der Zaun ist lose, der Zaun taugt nicht zur Absperrung, der Zaun zaudert. Einige Schilfpflanzen liegen wie Pelzkugeln im Garten, die schiefen Bretter des Zauns haben die gleiche Farbe wie das Holz des Hofes, der Hof hadert, er sieht so fremd aus von außen.

Ich sehe Du zum ersten Mal hinter einem dieser Sträucher, die kaum zum Verstecken taugen.
Er sitzt auf gefrorenem Boden, die Erde ist krustig unter meinen Schuhen, ein Grashalm bricht unter meinem Gewicht, sie haben weiße Mützen, die Grünen, das wusste ich nicht.
Ich war auf der Spur der Anderen, habe sie aus den Augen verloren, kein Wunder (um diese Tageszeit), kein Wunder, weil das Licht unschlüssig ist, ob es nun den Tag beendet oder neu beginnt, kein Wunder –
Du hat Tarnfarben, doch Du durchbricht den Pastellton der Gegend mit dem weißen Fleck auf seinem braunen Fell. Einem Fleck wie einem Auge (zwischen den Schulterblättern).
Ich knie mich so leise hin, dass Du es kaum hört, ich knie mich hin und blinzle ihm zu durch die Äste. Ich merke, dass Du hier nicht sein sollte, denn Du sieht so verloren aus, wie ich mich fühle, verloren und auf der Suche nach dem Heimweg (dem tatsächlichen Heimweg).
Ich halte ihm einen Finger hin, Du ist neugierig, er rückt millimeterweise in meine Nähe, bis er an meiner Nagelkuppe knabbern kann, bis ich sein kleines Gesicht vor mir sehe und jedes einzelne Haar darin. Du erlaubt mir, seine Ohren zu streicheln, dann stellt er eines auf.

Er kommt aus dem Haus, seine Stimme überschlägt sich immer, wenn er aufgeregt ist, sie kickst und läuft aus ihrer Fassung. Er schreit, dass ich sofort zurückkommen muss, er schreit, Was machst du da, wieso bist du nach draußen gegangen, ohne Bescheid –
Ich greife schnell nach Du, nun habe ich ihn doch erschreckt. Ich spüre, dass er ein wenig strampelt, dass er den Halt des Bodens vermisst.
Ich sage, Nur, wenn ich den Hasen mitnehmen darf, und meine Stimme klingt dabei so mutig, ich flüstere Du zu, Können wir bitte zusammenbleiben?