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Ute Erb

Biographie

geboren: 1940 in: Scherbach (jetzt Rheinbach)
Ute Erb



 

Ute Erb (* 25. Dezember 1940 in Scherbach jetzt Rheinbach, Voreifel) ist eine deutsche Schriftstellerin und Lyrikerin und die jüngste Schwester von Elke Erb.

1949 holte der Geisteswissenschaftler Ewald Johann Erb seine Familie aus dem Rheinland in die DDR nach Halle (Saale), wo er seit zwei Jahren keine Professur als Ethnologe bekam, weil er trotz (oder wegen) Mitgliedschaft in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes VVN verdächtigt wurde, englischer Agent zu sein. Da der Vater arbeitslos und nervenkrank war, kamen die drei Töchter zunächst in die Stiftungen von August Hermann Francke. Hier wurde Ute Erb Junger Pionier und trat der Kindergruppe von Jenny Gertz bei, die als jüdische Tänzerin das KZ überlebt hatte. Der Vater wurde als Oberschullehrer eingesetzt und später wissenschaftlicher Assistent am Institut für Deutsche Geschichte, bis er für die Arbeit an seinem Hauptwerk freigestellt wurde: Band 1.1, Band 1.2 und Band 2 der «Geschichte der deutschen Literatur. Von den Anfängen bis zur Gegenwart», hrsg. vom Kollektiv für Literaturgeschichte (Klaus Gysi u.a.), die auf 10 Bände geplant war und bei Volk und Wissen Volkseigener Verlag nach und nach erschien.

1955 kam Ute Erb zur Oberschule und trat der FDJ bei. 1957 verließ sie die DDR illegal und ohne Wissen der Eltern, um zu Bekannten nach Köln zu gehen – „aus Heimweh nach einem Deutschland, das es gar nicht gab“. In der Bundesrepublik ebensowenig heimisch geworden wie in der DDR, wechselte sie gezwungenermaßen häufig die Schule und arbeitete 1960/61 ein halbes Jahr in verschiedenen Kibuzim. Das Abitur machte sie erst im Mai 1968 auf einem Abendgymnasium für berufstätige Erwachsene (Zweiter Bildungsweg).

Ihre Beweggründe für die Republikflucht schildert sie in dem autobiographischen Roman Die Kette an deinem Hals, den sie im Alter von nur siebzehn Jahren auf Anregung des Publizisten und Arztes Joseph Scholmer in Kasbach bei Linz am Rhein zu schreiben begann, der dort einen Kreis von Ost-Emigranten um sich versammelte und zu Treffen einlud (Gerhard Zwerenz, Ingrid Zwerenz, Peter Jokostra, Wanda Bronska-Pampuch, Wolfgang Leonhard u.v.a.). Wanda Bronska-Pampuch vermittelte «Dotschka», wie Ute Erb in diesem geheimdienstlerisch anmutenden Kreis genannt wurde, die Bekanntschaft ihres Neffen als Reisegefährte für Israel.

Ute Erbs Buch erschien 1960, während sie im Kibuz Gal-Ed (einer Siedlung ehemaliger Mitglieder der Berliner Gewerkschaftsjugend) arbeitete, um sich nicht vermarkten zu lassen, und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Sie zog nach Berlin (West), wo sie heute in Charlottenburg lebt, und geriet hier erst recht – wie zuvor schon in Köln – wegen ihres Engagements für einen Sozialismus ohne Dogmen in Konflikte mit Behörden. Im Mai 1961 drückt Stasi-Helmut das so aus: «Sie vertritt einen sehr eigenwilligen Charakter und beharrt auf ihren Auffassungen.»

1962 heiratete sie den Westberliner Arbeiter, Dolmetscher und Sänger Michael Thomas Jakob Pampuch (Scheidung 1966), mit dem zusammen sie ein Buch übersetzte. 1961 und 1963 kamen ihre Söhne Jacob David und Nicolas Basilio Henry zur Welt.

Ute Erb verkehrte in der Kommune 1 und war Mitbegründerin, Namensgeberin und Hauptmieterin der Kommune 99 und aktiv in der Kinderladen-Bewegung mit der Forderung: «Mehr Eltern für jedes Kind!» 1967 wurde ihre Mitgliedschaft in der SPD nach 4 Monaten widerrufen, da sie maßgeblich an der Störung einer US-Truppenparade in Berlin-Neukölln beteiligt war im Kampf gegen den Vietnam-Krieg. In mehreren juristischen Verfahren gegen sie war Horst Mahler ihr Anwalt, später Hans-Christian Ströbele. Als Stipendiatin der Pädagogischen Hochschule trat sie 1970 der SEW bei, musste das Studium jedoch aus finanziellen Gründen aufgeben, wurde 1974 im Druckhaus Norden als Composersetzerin angelernt und bildete sich selbst zur Korrektorin aus.

In zweiter Ehe war Ute Erb ein Jahr lang mit dem österreichischen Dichter Hermann Schürrer verheiratet (Scheidung 1974), mit dem sie bis zu seinem Tod 1986 freundschaftlich und kollegial verbunden blieb und etliche Texte gemeinsam verfasste. Aufgrund dieser Eheschließung ist sie nicht nur Deutsche, sondern auch Österreicherin und trägt als solche den Namen Ute Schürrer. 1976 und 1979 erschienen zwei Lyrikbändchen von ihr, 1976 organisierte sie federführend auch den II. Berliner Autorentag «Schreib das auf, Frau» und die Sektion Literatur in der Vereinigung demokratischer und sozialistischer Künstler. Sie arbeitete im Verband deutscher Schriftsteller VS, im Werkkreis Literatur der Arbeitswelt, im Ständigen Komitee Kulturtage, Progressive Kunst West-Berlin e.V., und in der Libanon-Hilfe mit.

1982 gründete sie die Schriftstellerei Ute Erb & Kollektiv und heiratete den palästinensischen Briefschriftsteller und Asylsuchenden Omar Saad; diese – ihre längste – Ehe wurde 1986 geschieden. Als Verlegerin stellte sie einige Rara her (wie den «Landwehrkanal») und brachte ein Buch von Sigrun Casper auf den Markt. Ab 1990 begann sie mit der Arbeit an Computern, u.a. in einem Vermessungsbüro, wo sie nach Absolvierung einer Ausbildung im Kulturmanagement 1993 als Chefassistentin aus gesundheitlichen Gründen die Arbeit aufgeben musste.

Nach einer nicht fachgerecht ausgeführten Amalgamplombenentfernung 1996 zog sie sich aus dem gesellschaftlichen Leben zurück, nahm nur noch ihre Mitgliedschaft in der Grazer Autorinnen Autorenversammlung (Grazer Autorenversammlung) wahr und verfiel der relativen Altersarmut.