Amazon-Brief

Liebe Leserinnen und Leser,
sehr geehrter Herr Bezos, sehr geehrter Herr Kleber,
 
Amazon befindet sich in einem Machtkampf mit der Bonnier-Verlagsgruppe und Hachette. Solche Auseinandersetzungen zwischen Firmen geschehen ständig, und normalerweise finden sie in den Büros der Firmen zwischen zwei Verhandlungspartnern statt.
 
Aber diesmal hat Amazon etwas Ungewöhnliches getan. Es hat direkt die Autoren und Autorinnen der Bonnier-Gruppe (Aladin, arsEdition, Berlin Verlag, Carlsen, Hörbuch Hamburg, Piper, Thienemann-Esslinger, Ullstein) angegriffen, um damit die Verlagsgruppe zu zwingen, in die neuen Vertragsbedingungen einzuwilligen.
 
In den letzten Monaten werden Bonnier-Autoren und Autorinnen boykottiert und ihre Bücher nicht auf Lager gelegt, selbst wenn es gängige Werke sind. Die Bücher werden verlangsamt ausgeliefert, über die Lieferbarkeit finden sich Falschaussagen, und die Autoren und Autorinnen tauchen nicht mehr in den Empfehlungslisten auf. In den "Kunden haben auch gekauft / sich angesehen"-Listen fehlen die Bonnier- Autoren und Autorinnen. Gerade diese Listen wirkten als Empfehlungen, manche bisher unbekannte Autorin, mancher Autor ist dadurch bekannt geworden. Obendrein hatten Amazon-Kunden bisher den Eindruck, dass diese Listen nicht manipuliert würden und sie sich auf Amazon verlassen konnten.
 
Doch das stimmt offenbar nicht.
 
Amazon manipuliert Empfehlungslisten. Amazon nimmt Autoren und Autorinnen und ihre Bücher als Druckmittel her, um noch mehr Rabatte zu erzwingen.
Wir Autorinnen und Autoren sind der Meinung, dass kein Buchverkäufer den Verkauf von Büchern behindern oder gar Kunden vom Kauf von Büchern abhalten sollte. Amazon hat kein Recht, eine Autorengruppe, die am Konflikt nicht beteiligt ist, "in Beugehaft" zu nehmen. Obendrein sollte kein Buchverkäufer seine eigenen Kunden falsch informieren oder ihre Einkäufe durch künstlich verlängerte Lieferzeiten behindern. Damit widerspricht Amazon seinem eigenen Versprechen, das kundenorientierteste Kaufhaus der Welt zu sein.
 
Viele Autoren und Autorinnen haben Amazon unterstützt, als es eine kleine Startup-Firma mit neuen Ideen war. Auch unsere Bücher haben Amazon geholfen, eines der größten Unternehmen der Welt zu werden. Wir haben Amazon Millionen in die Kassen gewirtschaftet, viele haben mit Amazon kooperiert und tun das noch heute. Viele von uns haben ihre Backlist bei Amazon, haben Rezensionen und Beiträge geschrieben.
 
Diese Autoren und Autorinnen, uns, jetzt "in Beugehaft" zu nehmen, ist keine Art mit Geschäftspartnern umzugehen und fördert nicht das Vertrauen der Autoren und Autorinnen in einen der wichtigsten Vertriebspartner.
 
Wir wollen im Streit zwischen Amazon und Bonnier nicht Partei ergreifen, sondern wir fordern Amazon entschieden auf, nicht länger Bücher und damit auch Autoren und Autorinnen als Geiseln zu nehmen, sondern eine lebendige, ehrliche Buchkultur zu gewährleisten und die benannten Maßnahmen zu stoppen.
Wir bitten alle unsere Leserinnen und Leser, dass sie dem Gründer von Amazon Jeff Bezos (mailto:jeff(at)amazon.com) und dem Chef von Amazon Deutschland Ralf Kleber (mailto:rkleber(at)amazon.de) schreiben und ihm ihre Meinung über die jüngsten Erpressungsmethoden mitteilen. Jeff Bezos und Ralf Kleber sagen, dass sie sich freuen, wenn sie die Meinung von Kunden kennenlernen, und dass sie alle E-Mails lesen. Wir hoffen, dass wir, AutorInnen und LeserInnen, Jeff Bezos und Ralf Kleber davon überzeugen können, dass nur ein fairer Buchmarkt ein Buchmarkt mit Zukunft ist.
Mit freundlichen Grüßen
 
Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner