MITGLIEDER

Text von:
Carolina Schutti

Auszug aus einmal muss ich über weiches Gras gelaufen sein

Auszug dem ersten Kapitel

 

Meine Tante wollte nicht, dass ich Marek besuchte, ich solle lieber mit den anderen Mädchen spielen, meinte sie. Oft tat ich so, als hätte ich den ganzen Nachmittag lang Fangen gespielt und Gummihüpfen, ich kniete mich auf dem Nachhauseweg in die Wiese und strich mit den Handflächen über feuchte Erde. Manchmal, wenn genug Zeit war, legte ich mich ins Gras und sah mir die Wolken an, die sich rosarot färbten, und wenn das Licht es zuließ, konnte ich unzählige kleine Insekten beobachten, die den Himmel bevölkerten und die Luft unruhig machten.

     Es stimmt nicht, dass ich mich in ein Insekt verwandeln wollte und davonfliegen, denn ich wäre nicht weit gekommen. Und Tier wollte ich auch keines sein, obwohl es damals dazugehörte, ein Lieblingstier zu haben und alles darüber zu wissen. 

     Fini fragte mich nach der Schule, welches Tier ich denn gern wäre, und fügte in einem Atemzug hinzu, dass ich nicht antworten solle, sie wisse es, sicher ein Vogel – oder ein Engel, um zu meiner Mutter fliegen zu können. Ich wollte nicht zu meiner Mutter fliegen, denn unter der Erde war es eng und kalt, das hatte mir meine Tante gesagt und das glaubte ich ihr.

Quelle: "einmal muss ich über weiches Gras gelaufen sein", Otto Müller Verlag, Salzburg 2012